Wir schreiben das Jahr 2020 und alles ist auf einmal anders…
Na ja, manches bleibt auch gleich (vom Mond aus betrachtet). Corona hat der Welt wieder gezeigt, dass die Menschheit überall gleich verletzlich ist. Seit Beginn dieser Zeit der Veränderung, also ungefähr seit Mitte März, hört man nicht mehr so arg viel aus den Gebieten, die noch auf dem Trampelpfad zur Wohlstandsleiter krabbeln. So auch nicht mehr viel neues von uns über Nepal. Eins ist sicher Corona ist dort ebenfalls angekommen.
Still wurde es um Nepal. Der einzig nennenswerte wirtschaftlicher Zweig ist wohl der Trekking Tourismus. Man kann sich denken welche doppelte Katastrophe über dieses Land nun am hereinbrechen ist. Das Jahr 2020 sollte das „Year of Tourism“ sein. Groß angelegt mit „Come visit Nepal 2020“ Kampagnen im Vorfeld. Viele Menschen haben sich mit Ausblick auf den großen Sommer, den „run auf Nepal“ verschuldet. Tja… und wieder einmal fällt die einzige Einnahmequelle für viele Nepalesen WEG. Nicht das erste Mal in den letzten Jahren, aber doch eine Mal mit noch extremeren Auswirkungen. Für die Nepalesen und die große Not, die nun auf sie zurollte sprach auch Reinhold Messmer bei der langen Nacht der Konsulate im nepalesischen Generalkonsulat in Stuttgart.
Meine Empfehlung um einen Einblick in eine Ecke des Tourismus zu bekommen der link: www.theporterfilm.com/film. In meinen Augen gibt er ein realistisches Bild der Welt vor Ort ab und zeigt recht gut, was „Träger“ sein dort bedeutet.
Soweit ich bisher weiß, geht es unseren Patenkindern den Umständen entsprechend gut.
Also kurz gefasst:
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NULL Tourismus
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Chaos beim Umgang mit den lockdowns, tsich äglich ändernde Regeln,
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Polizeigewalt und – willkür im Umgang mit denen, die auf den Straßen unterwegs waren trotz lockdown.
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Die ägyptische Heuschreckenplage dockte auch in Nepal an und die Heuschrecken fraßen den Bauern die Felder leer
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Regenfälle haben einige Erdrutsche verursacht
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Indien und China streiten sich weiter um Nepal. China scheint Aktivitäten in Gang zu setzen, sich im Coronachaos doch noch ein bisschen weiter nach Nepal hineinzuwagen um sich ein bissle mehr vom Himalaya zu sichern
… genaues weiß man nicht.
Wer in Nepal geboren ist hat wirklich das „große Los“ gezogen. Wer da an 7 Leben glaubt weiß warum!
Zu den lockdowns: Straßen auf, Straßen zu, Läden auf, Läden zu, Internationale NGOs und Touristen sofort raus, alle Läden dicht bis auf eine Stunde am Tag, Essensmarken, aber nur für die, die registriert sind in Kathmandu (was die wenigsten sind, die dort leben)… zum Glück auch viele, viele super aktive und gute nepalesische Helfer, die mit sozialen Aktionen Menschen unterstützten. DENN:
Nepal hatte sich zu Beginn, trotz minimaler Zahlen, gleich mit einem Lockdown an der Welt orientiert. Problem war „nur“, dass das für viele Menschen vor Ort tatsächlich verhungern bedeutete. Aufgrund der Not, gab es zwischendrin wieder eine Öffnung, dann wieder ein Lockdown, jetzt scheint einiges zum „normalen Leben“ zurückgekehrt zu sein, was den Virus natürlich freut. Lockdowns für Menschen, die ein zu Hause dort haben, bedeutet oft mit der ganzen Familie in einem Zimmer zu sitzen, da im nächsten Zimmer die nächste Familie lebt.
Schulen und Bidldungseinreichtungen:
Die Schulen wurden erst mal dicht gemacht, dazu stellte ich ja schon die Berichte vom Schulleiter der Marshyangdi Schule auf die homepage. Meine Freundin Karma, Schulleiterin der Kailash Bodi Schule schrieb mir im Laufe der Zeit: „Bald habe ich keine Hoffnung mehr“. DAS ist mehr als furchtbar! Wenn Menschen wie Karma, die in Indien unter einem Baum begannen Lehrerin zu sein und dann 25 Jahre lang (ohne Ferien und Pause) Schule entwickelten, führten, lehrten… die Hoffnung verlieren… Da fällt einem nichts mehr ein.
Auf den Dörfern änderte sich zu Beginn sicher nicht so viel – mal war Schule, mal nicht. Es kamen alle Kinder zurück in die Dörfer, auch Trekking guides und Porter und arbeiteten auf den Feldern wieder mit. Es blieb ihnen ja nichts anderes übrig. Die eine oder andere Schule startete mit digitalen mitteln, leider hat unsere Kandi davorn keinen Nutzen gehabt, da das Netz in Hill einfach zu schlecht ist. Oft gibt es NULL Empfang auf den Handys.
Wanderarbeiter:
Als alles dicht machte wurden auch viele nepalesischen Arbeiter aus dem Ausland zurück geschickt. Ob Indien, Qatar, Dubai, Vereinigte arabische allgemein, man wollte die „Ausländer“ nirgends mehr. Eine der folgen: Wanderarbeiter, vorallem aus Indien brachten oft auch das Virus mit. Dazu waren die meisten noch immer bettelarm und mittellos. Es wurden Quarantänelager an den Grenzen errichtet. Das Elend ist für viele groß. Das System der Schuldknechtschaft ist in Nepal noch lange nicht ausgestorben. Geld regiert trotz allem die Welt. Und ein paar, die es zu Reichtum dort gebracht haben gibt es wohl. Denen, denen es möglich war im Ausland Geld zu verdienen, machten oft Schulden, um ihrem (leider schnell platzenden) Traum wahr machen zu können. Die Arbeiter werden in vielen Ländern ausgenutzt! Und oft kehren sie – unter normalen Umständen – schon ohne Geld und mit dem Verlust des Selbstwertgefühls zurück zu ihren Familien. Die verfrühte Rückkehr brachte dasselbe nur für MEHR Menschen.…
Folge: Die Selbstmordrate der Nepalesen steigt.
Abgesehen davon nutzen auch dort diverse (religiöse) Führer die Angst der Menschen aus!
Krankenhausausstattung Nepal:
Die Anzahl der Intensivbetten und Beatmungsgeräte, die in Nepal vor Ort sind, entsprechen wahrscheinlich gerade mal der Anzahl von Regierungspersönlichkeiten und deren Angehörigen. Hoffen kann ich derzeit nur, dass tatsächlich auch wieder Hilfsorganisationen vor Ort sind! Zu Beginn wurde ALLES ausgeflogen. Corona breitet sich JETZT aus! Zu Dashain, dem Hautpfest der Hindus wurde das „Heimreisen“ in die Heimatdörfer zum Glück verboten. Doch das Auftreten des Virus in den Bergdörfern ist nur eine Frage der Zeit. Aktuell wurde Lukla airport wieder geschlossen, da das Virus in Namche gesichtet wurde.
Glück im Unglück:
Wir hier hatten allerdings aufgrund Corona etwas Glück. Nima, der gerade 14 Tage vor Schließung der Grenzen in Deutschland eingereist war, blieb hier hängen. Der Rückflug war von der Fluggesellschaft bis auf weiteres storniert und erst ab Oktober war wieder minimaler, aber regelmäßiger Flugbetrieb erkennbar. Derzeit dürfen Nepalesen, Diplomaten und diverse NGO-Mitarbeiter ins Land einreisen. Zwei Wochen Hotelquarantäne für Ausländer ist Pflicht, und natürlich einen negativen Covid-Test als Voraussetzung überhaupt transportiert zu werden.
Zweimal wurde Nima‘s Schengen Visum Status automatisch verlängert, was für ihn ein riesen Glück bedeutete. Letztendlich war dann nach Ablauf des 30. Septembers leider nichts mehr zu machen. Am 14. Oktober (amtlich angeordnet!) musste er ausreisen, was für ihn und uns sehr, sehr bitter war. Auf eine Verlängerung des Aufenthalts wurde uns NULL Hoffnung gemacht, obwohl wir einen Antrag auf Verlängerung des Aufenthalts schon eingereicht hatten. Aufgrund den Anordnungen des BMI wäre da NICHTS zu machen (humanitäre Gründe wären wohl nicht ausreichend). So war der sicherste Ort, an dem sich in 2020 aufgehalten hat, wohl Rottenburg. Was nun in Nepal ist und wird … ?????
Auf dem Heimflug hatte Nima wohl, bis Istanbul einen Sitz frei neben sich. Von Istanbul bis Kathmandu saß er mit vielen Nepalesen wieder eng an eng 7 Stunden im Flieger! Pflicht war Maske. Nach der Einreise und Vorzeigen seines Testergebnisses durfte er in 5 Tage Home-Quarantäne. Leider folgte leichter Husten, und die Quarantäne wurde auf 14 Tage verlängert. Theoretisch darf er am Donnerstag wieder raus. Die Reaktionen seines Vermieters waren wohl auch eher negativ…
Leider waren keinerlei Vereinsbesuche und – treffen möglich. Nun hoffen wir, dass er irgendwann (!!!!!) wieder einreisen darf.
Meine 3 monatige Reise, die eigentlich am 2. Oktober nach Nepal führen sollte wurde (natürlich!) auch gecancelled. Ich harre der Dinge die da kommen und überlege, wann ich es wagen werde …
Nima wird nun, nach der Quarantäne versuchen einen Hilfsjeep zu organisieren, um wenigsten all unseren Patenkindern und den Familien eine Sack Reis zukommen zu lassen. Dann werde ich langsam wieder neues erfahren.
Wer Fragen hat soll mich bitte anrufen.
Alle guten vibes tun gut in dieser Zeit. Vielleicht sollten wir Nima tatsächlich mit einem Stückchen Land ausstatten, das ihm vor Ort ein Überleben sichert und vielleicht auch dem einen oder anderen Patenkind dann eine zeitweise Heimat, sollten wir es schaffen sie dennoch in die Schulen zu schicken.
Vielleicht werde ich dann doch noch Lehrerin vor Ort 🙂
Wer weiß wie die internationale Reisebranche nach dem Chaos aussieht. Ein Stückchen Land und ein Haus, dann hätte er wenigstens die Möglichkeit den Kindern von Hill vor Ort zu helfen!
So der Stand der Dinge.
Seid von Herzen gegrüßt!
Namaste! Brighten the corner where you are!
Andrea